Ihr Lieben,
nun sind wir schon 3 1/2 Monate hier in Chicago; wir haben unseren Umzug erfolgreich hinter uns gebracht, haben Halloween, Thanksgiving, American Christmas und Sylvester ohne Feuerwerk gefeiert und es geschafft uns nicht dem amerikanischen Standard bzgl. der Eßgewohnheiten anzupassen und können stolz berichten, daß wir unsere Kleidergröße nicht auf XXL gewechselt haben und weiterhin normal laufen und nicht gerollt werden müssen ;-)
Circa eine Woche vor Weihnachten hielt der Winter Einzug in und um Chicago und alles wurde in ein Wintermärchen verwandelt. Durch die amerikanische Weihnachtsdeko, bei der so ziemlich alles was man finden kann mit Lichtern liebevoll umhüllt und geschmückt wurde, erstrahlte jede noch so kleine Hütte zu neuen bezaubernden Glanz. In Deutschland wirkt der Lichtschmuck eher kitschig, doch hier ist er wirklich schon kunstvoll und es verwundert und wirkt stellenweise sogar langweilig, wenn in einer Straße nur 3 Häuser geschmückt sind.
Und da diese Lichter schon wahre Kunstwerke sind, und man Kunstwerke in der Regel im Museum betrachtet, hatte man bei den Besichtigungstouren der lichtgeschmückten Stadtteile zum Teil das Gefühl, man führe durch ein Outdoor-Museum.
Die große Bescherung zu Weihnachten findet hier eher am Morgen des 25. Dezember statt. Doch wir haben hier die deutsche Tradition gepflegt und es geschafft, daß das Christkindl den weiten Weg von Deutschland hierher flog. Wobei wir auch dieses Jahr wieder zu spät waren, und das Christkindl schon wieder weg war, bevor wir es persönlich begrüßen konnten. Dies stimmt besonders Fynn etwas traurig.
Und was wir zur Weihnachtszeit wirklich vermisst haben, sind die Christkindlmärkte, den Glühwein und die Weihnachtsleckereien, wie Lebkuchen und Spekulatius.
Und um diese fehlenden Weihnachtsleckereien etwas auszugleichen, haben wir die Küche in eine Bäckerei für deutsche Weihnachtsplätzchen verwandelt, wobei es diesmal bei jedem Rezept zwei neue Zutaten gab: den Taschenrechner um die deutschen Masse entsprechend umzurechen und das dictionary, um dann auch die richtigen Zutaten zu kaufen. Wir waren begeistert von dem Ergebnis. Allerdings mußten wir etwas improvisieren, denn den so geliebten Vanillezucker gibt es hier nicht. Hier gibt es stattdessen ein Vanilleextrakt, eher unpassend für Vanillekipferl.
Nach Weihnachten habe ich dann eher durch Zufall bei Ikea den bekannten Vanillezucker gefunden. Gut zu wissen für die nächsten Backvorhaben.
Und so schnell wie der Weihnachtsschmuck aus seinem Sommerschlaf geweckt wurde, um erleben zu können, was sich Neues außerhalb der Keller und Dachböden getan hat, so verschwand er ähnlich wie in Deutschland um den 6. Januar recht schnell und lautlos.
Und zum Thema Essen gibt es doch weit mehr zu berichten, als das hier fast 75% der Lebensmittel aus ungefähr 85% Zucker bestehen. So gehören z.B. zu den Lieblingszutaten der Amis uneingeschränkt Zimt, Ingwer und brauner Zucker. Da findet man im Kühlregal Würstel eingebettet in Zimt und braunem Zucker. Und bei den Eissorten sind die einfachsten wie Vanille, Schokolade, Nuss oder Erdbeere schwer zu finden. Einfacher tut man sich mit Kombinationen von Butter, Pecan, Praline, Zimt, Cookies oder Schokoladenstückchen. Und es scheint hier ganz normal, daß man auch im Winter das Eis in gleichen Mengen wie im Sommer konsumiert. Und keiner hebt den Zeigefinger, daß man doch jetzt genug Süßes gegessen hätte.
Die Eisdosen haben natürlich diese komfortabel runde Form, die man aus den Filmen kennt, wenn bei Herzschmerz die Eisdose innig umarmt und ihr Inhalt genauestens untersucht wird, bevor die beste Freundin angerufen wird und wegen der weltgrößten Ungerechtigkeit und dem Mund voller Eiscreme keine Möglichkeit besteht sich so auszudrücken, dass man verstanden wird.
Ursprünglich hatte ich gedacht, daß es hier nicht so leckere Teesorten gibt wie in Deutschland. Doch nachdem ich weiterhin viele ausprobiere, stelle ich begeistert fest, daß es auch hier sehr Interessante gibt, so daß die anfänglich fast leere Teeschublade in der Küche nun schon fast einen Anbau braucht. Und nachdem es hier frischen Ingwer in rauen Mengen gibt, genieße ich den Tee zum Teil mit frischen Ingwer oder abends mit frischem Lavendel.
(Für den Umzug zurück nach Deutschland, wird wohl eine Umzugskiste mit der Aufschrift 'Only Tee' gekennzeichnet werden ;-) )
Doch so gut auch diese Tees sind, so genieße ich doch immer die Augenblicke, wenn ich meinen Lieblingstee aus Deutschland zubereite, mit geschlossenen Augen den frischen Duft genieße und ich mich dann an einen kleinen Ort, der mit einem 'W' anfängt, zurückversetzt fühle.
Und wie mein Lieblingstee schöne und wohle Erinnerungen hervorruft, so sind es auch eine einfache Glasschüssel, die ich kurz nach Noemis Geburt geschenkt bekommen habe, oder eine bestimmte Aufbewahrungsdose mit rotem Deckel aus der Küchenabteilung von Ikea, oder die warmen Wintermützen von den kids, und noch viele Dinge im täglichen Leben, die nun eine zusätzliche Bedeutung bekommen haben.
Das Wetter erinnert hier doch etwas an das deutsche Wetter im Winter. Vor Weihnachten schneit es, dann wird es so warm, daß fast der gesamte Schnee wegschmilzt und man hofft, daß er doch bitte noch bis Weihnachten bleiben wird. Zu Sylvester schneit es dann wieder und dann auch richtig, so daß die Autos in den ersten Stunden des neuen Jahres erst einmal freigeschaufelt werden mußten, um von der Feier mit zwei deutschen Familien heil nach Hause zu kommen und man dann am nächsten Tag auch richtig cool Schlitten fahren konnte. Bis es dann eine Woche später so warm wurde, das man mit fast 20 Grad das Gefühl hatte, daß bald der Osterhase kommen würde. Ein verrücktes Wetter und die angekündigten eiskalten Tage mit eisigem Wind sind bis jetzt noch ausgeblieben.
Stattdessen haben wir in den meisten Fällen strahlend blauen Himmel und die Regentage, seitdem wir hier sind, belaufen sich auf vielleicht sechs höchstens acht. Ein wahres Geschenk.
Doch egal welche Jahreszeit, die Luft ist hier sehr trocken, so daß man ständig dabei ist, sich die Hände und das Gesicht einzucremen. Einen Vorteil hat diese trockene Luft aber auch - es kann leicht passieren, dass bei minus 10 Grad die Scheiben beim Auto nicht vereist sind. Und neben der trockenen Luft ist das Wasser hier etwas gechlort, das dann auch noch mal die Haut austrocknet und man weiterhin am eincremen ist. (Bzgl. dem Wasser ist es sehr angenehm, dass es kaum Kalk enthält, dass macht das Putzen einfacher und die aus Deutschland im Container verschifften Reste diverser Kalkreiniger, werden sehr wahrscheinlich mit der gleichen Füllmenge wieder den Weg zurück nach Deutschland antreten.)
Und trotz der doch sehr milden Temperaturen, reichen die Außentemperaturen natürlich nicht aus, um das Haus aufzuheizen. Also holen wir uns die nötige Restwärme von der Heizung. Doch auch die ist ein klein wenig anders als die aus Deutschland gewohnte und sie ist doch auch eher gewöhnungsbedürftig - aus ca. 12 parallel verlaufenden jeweils ca. 10 cm langen Schlitzen im Boden kommt warme Luft heraus. Die Temperatur wird zentral für alle Räume gleich eingestellt. Für die einzelnen Räume kann die Temperatur dann nochmals individuell durch Öffnen und Schließen der Schlitze eingestellt werden.
Und wo die Weihnachtszeit nun doch sehr vom Schenken aller Art gekennzeichnet ist, habe ich mir mein amerikanisches Weihnachtsgeschenk bereitet, indem ich den amerikanischen Führerschein bekommen habe. Mei war ich stolz, dies mit meinen anfänglichen Englischkenntnissen geschafft zu haben und das große Glück hatte und Dank dem wunderbaren Hinweis der anderen deutschen Familie bei einer Führerscheinstelle gewesen zu sein, wo der deutsche Führerschein, nach Vorlage einer Bestätigung der Deutschen Botschaft, der so wichtigen Social Security Card, einem einfachen Briefumschlag, der an mich adressiert war und stolzen 20 $, einfach umgeschrieben wurde. Und das Bild darauf sieht mal endlich nicht so aus, als wenn ich steckbrieflich von der Polizei gesucht würde.
Und auch sonst erweist sich der amerikanische Straßenverkehr als sehr entspannt. Obwohl doch auf den Straßen vieles im XXL Bereich liegt, ist es doch wirklich sehr angenehm, wie entspannt hier Auto gefahren wird. Ich habe bis jetzt noch kein Hupkonzert mitbekommen, kein Drängeln oder scharfes Anfahren an der Ampel. Statt dem bekannten Rechts-vor-Links gilt hier besonders an kleinen Kreuzungen die Regel 'Four-Way-Stop'; hierbei befinden sich Stoppschilder an allen Straßen und es wird in der Reihenfolge der Ankunft nach gefahren. An größere Kreuzungen befinden sich immer Ampeln und für die Linksabbieger gibt es immer eine eigenen Spur und auch eine eigenen Ampelschaltung (in Deutschland nicht immer üblich, erleichtert die Handhabung doch einiges). Ebenso angenehm ist die Regelung ‚Right-on-Red’, so kann man auch bei rot Rechtsabbiegen, und sollte das mal nicht erlaubt sein, dann ist es auf nicht zu übersehenden Schildern zu lesen.
Und so wie die Linksabbieger durch eigene Spuren und eigener Ampelschaltung entlastet werden, so finden wir doch in vielen Bereich immer wieder die amerikanische Vorliebe für ein bequemes und einfaches Leben, auch wenn man dabei Gefahr läuft die Beschränkung der natürlichen Ressourcen außer Acht zu lassen. So ist es tatsächlich üblich, den Motor anzulassen, wenn man z.B. die kids in den Kindergarten bringt oder sich bei Starbucks einen Kaffee holt.
Eine andere Art des einfachen und bequemen Lebens sind die Bankautomaten. Hier gibt es die ‚Drive-through’ Bankautomaten. Da fährt man mit dem Auto vor und muß nicht aussteigen. Ähnliches gibt es auch mit den Briefkästen bei der Post. Man fährt einfach dran vorbei, sie sind extra so angebracht, daß man wie beim Bankautomaten nicht mehr aussteigen muß. Und so wie die Briefkästen bei der Post, so sind die privaten Briefkästen ebenfalls auf Fahrerhöhe direkt an der Straße angebracht, so daß der Postbote nur für größere Sendungen zur Haustür gehen muß.
Fynn und Noemi gehen nun schon seid zwei Monaten in den Kindergarten und wir haben das Eis gebrochen - beide fühlen sich dort sehr wohl und bis auf den 25. Dezember, den 1. Januar und noch ein paar wenigen Feiertagen, hat der Kindergarten weitestgehend normal geöffnet, allerdings doch mit wenigeren Kindern als sonst. Und um diese Zeit für die kids weiterhin interessant zu gestalten, standen die Tage von Weihnachten bis Ende der ersten Januar-Woche jeweils unter einem anderen Motto. So gab es an einem Tag alle möglichen Muffins-Varianten, oder einmal wurden Pizzen gebacken und jedes Kind durfte sich seine Lieblingspizza backen. Ein anders Mal sollten die kids schwarz/weiß angezogen werden, um dann zu Lernen wie die Pinguine zu laufen oder einer der Lieblingstage von Fynn und Noemi war uneingeschränkt der Pyjama-Day, an dem sogar die Erzieherinnen und auch die Direktorinnen im Pyjama und Hausschuhen kamen. Fynn fragt weiterhin, wann er denn endlich wieder im Pyjama in den Kindergarten gehen dürfe.
Beide lernen wirklich sehr viel dort, und auch wenn Fynn mir nicht immer erzählen kann, über was denn im Kindergarten gesprochen wurde, so stellen wir dann doch mit der Zeit fest, wie viel er bereits versteht. Was ich allerdings weiterhin sehr schade finde, ist die so dominante Plastikwelt. So wird z.B. eher wenig mit Naturmaterialien gebastelt und auch das Malen findet fast überwiegend mit Filzstiften statt.
Noemi fühlt sich nach dem so schwierigerem Start nun sehr wohl, sie strahlt und ist glücklich wenn es zum Kindergarten geht.
Fynn und Noemi entwickeln sich weiterhin prächtig und nach unseren anfänglichen streß- und überlastungsbedingten Schwierigkeiten, läuft nun wieder alles dem Alter und der Entwicklung entsprechend entspannt, und so wie bei anderen Eltern die Nerven beansprucht werden, so ist es bei uns zeit- und stellenweise nicht anders, und wo andere Eltern deshalb graue Haare bekommen, werden meine immer dunkler.
Noemi möchte immer mehr eine 'Große' sein, mag nur noch die großen Müslischüsseln, nur noch die großen Löffel und auch bei Messer und Gabel will sie vom Kinderbesteck nichts mehr wissen. Endlich fängt sie auch an zu reden und Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, welch Erleichterung und schönes, interessantes und nie langweilig werdendes Erlebnis dies für uns ist. Ihre ersten englischen Worte sind eine klares und deutliches 'no' und 'apple'. Und ihr erstes deutsches Wort war wie bei Fynn ‚Auto’. Noemi entwickelt sich bei ihrer Kleidung immer mehr einem kleinen Mädchen entsprechend. Es wird immer schwieriger ihr Fynns klassische Bubensachen anzuziehen, aber auf der anderen Seite muß es dann doch immer irgendwie das gleiche wie bei Fynn sein. Wenn Fynn seine Boots anzieht, dann mag sie ihre natürlich auch, wenn Fynn sein Kappi aufsetzt, dann braucht sie ihres auch, egal ob es ihr noch weiterhin viel zu groß ist.
Fynn hat seinem Alter entsprechend einen noch stärker als sonst ausgeprägten Trotzkopf und dann wird uns konsequent widersprochen und wenn er uns dann so richtig ärgern will, dann droht er morgen alleine nach Deutschland zu fliegen und nicht mehr mit uns zu spielen. Fynn ist weiterhin begeistert vom Lesen, dem Malen, Puzzeln und natürlich daran alles zu erklettern.
Ja und dann erkunden wir natürlich weiterhin Chicago und sein Umland. So haben wir einen kleinen Einblick vom Millennium Park und seinen wechselnden Gesichtern bekommen, haben nicht weit von uns entfernt ein Rodel Eldorado für die kids entdeckt. Wir haben unsere ersten 'Gehversuche' mit Schlittschuhen auf dem Eis gemacht, wobei es sich nicht um einen romantischen Weiher handelt, sondern um eine extra angelegte Eisfläche auf einem Baseball Feld. Wir haben zwei deutsche Familien kennen gelernt und mit ihnen Sylvester gefeiert; die kids haben zur Einstimmung eine Pyjama-Party mit viel Popcorn und dem Dschungelbuch genossen und Jochen hat in den frühen Morgenstunden des neuen Jahres morgens um vier das Auto vom Schnee befreit. Und dann bekommen wir exklusiv die amerikanische Präsidentschaftswahl mit.
Uns geht es weiterhin sehr gut, wir finden endlich unsere Ruhe wieder und können so dieses für uns so besondere Abenteuer sehr genießen.
Wir hoffen Euch geht es gut und wir freuen uns von Euch zu hören und auf Euren Besuch. Und an dieser Stelle auch nochmals herzlichen Dank für die schöne und zahlreiche Weihnachtspost – es hat uns sehr gefreut. Ja und dann gibt es natürlich endlich wieder neue Bilder. Einfach auf den bekannten Link gehen und das neue Album anklicken; viel Spaß dabei.
Liebe Grüße an Euch,
Petra & Jochen & Fynn & Noemi )))))))))))))))))
Friday, May 2, 2008
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